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Tonträger
Othmar Schoeck
Sommernacht
Sonate für Bassklarinette und Orchester
Penthesilea-Suite
Besuch in Urach

Rachel Harnisch, Sopran
Bernhard Röthlisberger, Bassklarinette
Berner Symphonieorchester, Ltg. Mario Venzago

"... die Berner Einspielung unter dem Dirigenten Mario Venzago stellt diese Werke in ein denkbar günstiges Licht… Ein (als Sonate bezeichnetes) Konzertstück für Bassklarinette mit dem vorzüglichen Solisten Bernhard Röthlisberger. "
aus: Basler Zeitung, 29. Dezember 2014

5 Diapason (2015)
Beste Klassik-CD Schweiz 2015 (AZ, Chr. Berzins)



MGB CD 6281

1
Sommernacht, pastorales Intermezzo 14'04''
2-4
Sonate für Bassklarinette und Orchester
Gemessen - Bewegt - Bewegt
13'11''
   
5
Penthesilea-Suite, für grosses Orchester
(Orchesterbearbeitung Andreas Delfs)
18'48''
   
6
Besuch in Urach
für hohe Singstimme mit Orchester, op. 62 Nr. 40
15'51''

 

Schoeck war ein genialer Musik-Entwerfer. Seine Opern Venus und Schloss Dürande hatte er weitgehend w ie im Fieber fertigkomponiert, bevor überhaupt die Libretti vorlagen. Solch phänomenales Tonmeisseln will direkt zum Kern, zum Wesentlichen und Eigentlichen vordringen. Die Feinjustierung, das perfekt sitzende Kleid, ist dabei eher nebensächlich. Deswegen lassen sich viele Werke Schoecks leicht bearbeiten oder instrumentieren, solange man nur das feurige Zentrum schützt. Das für das Berner Symphonieorchester geschriebene Kleinod Sommernacht erklingt in einer Fassung für Soli und grosses Streichorchester. Ein wenig liebäugelt es mit Schönbergs Verklärter Nacht, ohne jedoch in vergleichbare harmonische und radikale Räume vorzustossen. Naturlaute wie Vogelgesang und Glockenläuten, eine ferne Akkordeonerinnerung, Sternenfunkeln und Menschenrufe betten sich in ein musikalisches Material, das 1945 im Jahre der Uraufführung schon längst nicht mehr in Mode war. Wie in anderen Werken jedoch gelingt es Schoeck aber auch hier, mit solchen, an sich rückwärtsgewandten Techniken etwas ganz Eigenes, Ungehörtes und Zeitloses zu formulieren. So leuchten Elemente aus den Klangwelten der Serenaden Brahms' und Lieder Hugo Wolfs auf, als wären sie eben gerade hierfür erfunden worden und als hätte man das alles so noch nie gehört. Zudem wird in den Brüchen hörbar, dass wir uns eben doch im Jahre 1945 befinden.

Schoecks eigene Orchestrierung des Besuchs in Urach mit dem zu herzen gehenden, alle romantische Sehnsucht in sich vereinigenden Text von Eduard Mörike spielt ebenfalls mit anklängen an schon damals Vergangenes und erinnert an Richard Strauss und Franz Schreker. Doch schon im ersten Takt breitet sich ein unverwechselbarar, völlig authentischer Sehnsuchtston aus. Eine Kombination von Flöten- und Klavierklängen beschreibt ds "einsame Tal". An dramatisch zugespitzter Stelle brechen realistisch - fast filmisch greifbar - hart gefasste "Donnerklänge" hervor, um in einem veritablen "Über-D-Dur" (wie es Adorno vielleicht genannt hätte) dem 15minütigen Kunstwerk die Krone aufzusetzen. Im ganzen Epos werden die langen Gesangsphrasen zu einem erschütternden psychologischen Seelendrama gespannt.

Ganz andere Klänge beschert uns die Penthesilea-Suite aus Schoecks experimentellster Zeit, den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. In der Opernpartitur unterlegt der Komponist den verwundend harten Texten Kleists meist nur einen konsonantisch rauen Grund. Es gibt keine Möglichkeit, aus diesen rezitativischen Fetzen eine durchgängige "Suiten-Musik" zu spinnen. Andreas Delfs hat sich daher entschieden, die in der Oper sparsam aufklingenden ariosen Teile miteinander zu verbinden, und verlegt hierzu öfters auch die Gesangstimmen rein instrumental ins Orchester: Die zehn Klarinetten der originalen Partitur werden auf eine realistische Anzahl von fünf reduziert; die im Original fast ausgesparten Fagotte ergänzen den Klarinettensatz; die in der Oper solistischen Geigenstimmen werden chorisch gerundet. Das ist ästhetisch gesehen risikoreich, da solche Umschrift substanziell in die originale Klangvision eingreift. Allerdings ist das nun völlig anders geartete Resultat ebenfalls bestechend und gehört daher prominent auf diese CD. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung mit dem Werk habe ich für diese Aufnahme winzige Retuschen und einige Kürzungen an der Vorlage vorgenommen.

Das radikalste, modernste Werk unserer neuen Sammlung ist die Sonate für Bassklarinette und Klavier aus den Jahren 1927-28. Der Klavierpart wurde für diese Aufnahme von Willy Honegger aufs Orchester übertragen. Indem die technisch äusserst anspruchsvolle Stimme der rechten Hand fast wörtlich in die Geigenstimme gelegt wurde, ist eine hochvirtuose Begleitung entstanden, vergleichbar jener zum Klarinettenkonzert von Carl Nielsen (1925).
Die Penthesilea-Suite verlangt - trotz der instrumentalen Reduktionen gegenüber der Opernpartitur - immer noch über hundert Musiker, was die Aufführungschancen des Arrangements nicht erhöht. Diese Sonate hingegen kann man mit einem kleinen Kammerorchester aufführen. Wir hofften, dass diese "Handlichkeit" auch andere Orchester dazu bewegen würde, das Werk nachzuspielen. Die rasenden Tempi und die komplexe Begleitung, gepaart mit einem in Wirklichkeit nicht sehr tragenden Soloinstrument, zu dessen Emanzipation wir beitragen wollten, dürfte leider auch diesem Werk den Weg ins häufig gespielte Repertoire verwehren - obwohl es vor musiklischen Ideen nur so strotzt, seien es Rezitative, Fugen oder Jazzelemente.

Es ist nun mal so, dass sich Othmar Schoeck nur auf den ersten Blick bürgerlich gibt, sich aber in jedem Gewand als sperriger Revolutionär entpuppt - als "Wolf im Schafspelz".

(Mario Venzago).

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CD-Rezensionen

Klangsinnlicher Schoeck
Filigran. Allmählich wird es Zeit, den Schweizer Komponisten Othmar Schoeck als ebenbürtigen Meister neben den frühen Schönberg und den reifen Richard Strauss zu stellen. Und die Berner Einspielung unter dem Dirigenten Mario Venzago, der sich schon lange für Schoeck starkmacht, stellt diese Werke in ein denkbar günstiges Licht... Dazwischen hört man ein (als Sonate bezeichnetes) Konzertstück für Bassklarinette mit dem vorzüglichen Solisten Bernhard Röthlisberger.
aus: Basler Zeitung, 29. Dezember 2014
 
 

 

 

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