Françaix, Penderecki, Martinu Bernhard Röthlisberger, Klarinette The Serenade String Trio |
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Die Werke für Klarinette und Streicher nehmen im Bereich der Kammermusik seit dem Ende des 18. Jahrhunderts eine besondere Stellung ein. Mozart schuf mit seinem Quintett in A-Dur KV 581 ein Werk, das neue Massstäbe setzte. Das nach dem Klarinettisten Anton Stadler benannte "Stadler-Quintett" zeugt von Mozarts intimer Kenntnis der Klarinette und deren klanglichen Möglichkeiten. Es dauerte ein knappes Jahrhundert, bis die Quintette von Johannes Brahms und Max Reger erneut die Vollkommenheit des Mozart'schen Oeuvres erreichten und vielleicht noch übertrafen. Fasziniert durch diese Monumente der Kammermusik haben sich zahlreiche Komponisten des 20. Jahrhunderts ebenfalls mit dieser Besetzung auseinandergesetzt. Drei Werke ganz unterschiedlicher Natur stellen wir mit der vorliegenden Einspielung vor. Jean Françaix (1912-1997) war der Sohn des Direktors des Konservatoriums von Le Mans. Nach der ersten musikalischen Ausbildung im Elternhaus beendete er seine Studien am Conservatoire de Paris, wo er 1932 den Premier Prix de Virtuosité im Fach Klavier errang und bei Nadia Boulanger Komposition studierte. Die meisten seiner Werke vereinen französischen Charme und Esprit mit einer Prise Witz und Ironie. Daher auch die grosse Affinität zu den Blasinstrumenten, die durch ihre direkte Tongebung häufig zur Pointierung seiner musikalischen Sprache eingesetzt werden. In seinem Quintett (1977) kommt es nach einer ruhigen Einleitung beim Eintritt des Hauptsatzes zu einem abrupten Stimmungsumschwung. Das an die groteske Musik eines Zeichentrickfilms gemahnende Hauptmotiv lässt kaum den akribisch gearbeiteten Sonatensatz erahnen. Im folgenden Scherzando wird der durchgehende Dreiachtel-Takt durch den geradezu exzessiven Gebrauch von Hemiolen und Synkopen bis zur rhythmischen Unkenntlichkeit verfälscht. Der dritte Satz ist ein Dialog zwischen einer getragenen Melodie der Klarinette und feingliedrigen triolischen und verzierten Einwürfen der Violine, bis es schliesslich zum eigentlichen Gedankenaustausch kommt. Im Finale wird ein eintaktiges rhythmisches Motiv wie ein Chaconne-Thema durchgeführt. Die auf den mit "amoroso" überschriebenen Mittelteil folgende Reprise ist einerseits verkürzt, andererseits durch eine Solokadenz der Klarinette erweitert, bevor das Werk in einem kurzen Epilog verklingt. Krzysztof Penderecki wurde 1933 in Polen geboren. Kurz nach Abschluss seiner Studien am Konservatorium in Krakau erhielt er an einem Kompositions-Wettbewerb für seine drei eingereichten Werke gleich drei erste Preise, was ihn als 26-jährigen über Nacht zu einem der führenden Vertreter der europäischen Avantgarde werden liess. Mit seinen Werken setzte er sich über alle traditionellen Vorstellungen von Melodik und Harmonie hinweg und liess sich auch von der seinerzeit stark verbreiteten Seriellen Musik nicht im Geringsten beeinflussen. Stattdessen entwickelte er eine unmittelbar zugängliche expressive Musiksprache, in der er auch die Auseinandersetzung mit grossen historischen und religiösen Themen nicht scheute. Sein Erfolg setzte sich auch fort, als Penderecki Mitte der siebziger Jahre begann, sich in melodischer und harmonischer Hinsicht neu zu orientieren und die Strenge seines bisherigen Stils aufzugeben. Eine seiner bedeutendsten Kompositionen neueren Datums ist nach eigener Einschätzung das 1993 entstandene Klarinettenquartett, zu welchem er sich von Schuberts spätem, weltentrücktem Streichquintett von 1828 inspirieren liess. In diesem Werk hat Penderecki der Klarinette musikalische Aussagen anvertraut, die in ihrer verinnerlichten und kontemplativen Grundhaltung von keinem anderen Blasinstrument verwirklicht werden können, namentlich in den beiden Ecksätzen. Dazwischen stehen ein fulminantes Scherzo und direkt anschliessend eine "Serenade" (Tempo die Valse), welche ganz der Ästhetik der Wiener Schule verpflichtet ist. Bohuslav Martinu (1890 -1959) verliess 1923 seine tschechische Heimat und siedelte nach Paris über, zur damaligen Zeit das eigentliche kulturelle Zentrum Europas. Geprägt durch seine Lehrer Josef Suk und Albert Roussel fühlte auch Martinu sich zunächst dem Neoklassizismus verpflichtet. 1941 musste er vor dem Anrücken der deutschen Truppen fliehen und gelangte über Barcelona, Madrid und Lissabon nach New York, wo er die folgenden Jahre im Exil verbrachte. Nach den grossen Erfolgen seiner 5. Sinfonie und dem Doppelkonzert 1947 in Prag erhoffte sich Martinu eine baldige Rückkehr in seine Heimat. Doch war ihm das bis ans Ende seines Lebens nicht vergönnt. In den folgenden Jahren fiel Martinu in eine schöpferische Krise. Er suchte sich in kleinen und ungewöhnlichen Formen auszudrücken und besann sich zunehmend auf seine tschechischen Wurzeln. Die 1951 entstandene Serenade wiederspiegelt genau diese Periode seines Schaffens. Die ungewöhnliche Besetzung von Streichtrio und zwei Klarinetten greift direkt auf die böhmische Volksmusik zurück, in der die Klarinetten oft paarweise auftreten. Typisch für die Zeit nach dem Krieg ist der geheimnisvolle Beginn des ersten Satzes oder der düstere Anfang des Scherzos, die stark zu der sonst so folkloristisch und beschwingt daherkommenden Musik kontrastieren. |
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