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Tonträger
J. Brahms, G. Jenner
Bernhard Röthlisberger, Klarinette
Philip Smith, Klavier

"Il clarinetto all'Opera": Bernhard Röthlisberger, Klarinette; Simon Andres, Klavier
pan classics 510151

1-4

Johannes Brahms (1833 - 1897)
Sonate für Klarinette und Klavier in f-moll
Op. 120, Nr. 1
Sonate pour clarinette et piano en fa mineur
op.120, n° 1
Sonata for clarinet and piano in f minor
op. 120, no. 1

21'50''
5-7 Johannes Brahms (1833 - 1897)
Sonate für Klarinette und Klavier in Es-Dur
Op. 120, Nr. 2
Sonate pour clarinette et piano en mi bémol majeur
op. 230, n°2
Sonata for clarinet and piano in e flat major
op.120, no. 2
21'47''
8-11 Gustav Jenner (1865 - 1920)
Sonate für Klarinette und Klavier in G-Dur Op. 5
Sonate pour clarinette et piano en sol majeur op. 5
Sonata for clarinet and piano in g major op. 5
26'10''

Gustav Uwe Jenner wurde am 3. Dezember 1865 in Keitum auf der nordfriesischen Insel Sylt als jüngstes Kind eines musikliebenden Arztes geboren. Gustavs Eltern wechselten mehrmals ihren Wohnsitz, bis sie sich 1879 in Gleschendorf bei Lübeck niederliessen. Der Junge beginnt früh mit dem Klavierunterricht und wagt sich schon als jugendlicher Autodidakt heimlich ans Komponieren. Ab 1880 besucht er das Gymnasium in Kiel. Hier nimmt der mit Johannes Brahms befreundete Dichter Klaus Groth den begabten Jungen in seine Obhut. Jenner widmet dem Beschützer 1899 seine dritte Sonate für Geige und Klavier. Der Schule überdrüssig, beschliesst der junge Musiker bald, sich ganz der Kunst hinzugeben. In Kiel folgten Musikstudien bei H. Stange, Th. Gänge und in Hamburg bei Arnold Krug.
Im Jahre 1887 lernte Jenner Brahms kennen, der ihn ermunterte, nach Wien überzusiedeln. Ein Stipendium aus seinem Freundeskreis ermöglichte es ihm, den Unterricht und die Fürsorge von Brahms bis 1895 zu genießen. Die Wiener Jahre sehen ihn schon bald als gefragten Klavierlehrer und Chorleiter, als Schriftführer des Tonkünstler-Vereins und als Leiter des katholischen Kirchenmusik-Vereins im benachbarten Baden.
Im März 1895 ernennt ihn die Universität Marburg zum Musikdirektor, später zum Ordinarius. 25 Jahre lang wirkte er danach als Leiter der akademischen Konzerte, als Komponist und Dozent, von den Studenten ob seiner musikwissenschaftlichen Vorlesungen und Übungen über Bach, Brahms, Schubert und das deutsche Lied gerühmt und verehrt. Unermüdlich war er bestrebt, die Leistungen des Konzertvereins der Universitätsstadt zu steigern und das Repertoire zu bereichern. Jenner starb am 29. August 1920 in Marburg.

Die Sonate in G-Dur für Klarinette und Klavier op. 5 entstand 1900. Sehr sichtbar wirft Meister Brahms seinen Schatten auf alle vier Sätze dieses Werkes. Besonders deutlich kommt sein Einfluss in der durchwegs zarten Melancholie des Eingangssatzes Allegro moderato e grazioso zum Ausdruck. Brahms ist allgegenwärtig im Aufbau, in der Melodik, im wiegenden Rhythmus, in der Beherrschung der kontrapunktischen Tradition wie der Gewandtheit in der Verwendung neuartig raffinierter Harmonien. Auch wenn dem Schüler letztlich die einmalige Bleicktiefe des Meisters abgeht, haben wir es doch mit einem Werk von ausgezeichneter kompositorischer Qualität zu tun.
Wie Brahms, Waldemar von Baussern, Henri Marteau, Carl Heinrich Reinecke und andere mehr, schrieb Jenner seine Klarinettenstücke dem zeitgenössischen Solisten Richard Mühlfeld auf den Leib. Ihm ist denn auch die Sonate op.5 namentlich zugeeignet.

Das ausserordentliche Talent Mühlfelds hatte auch Johannes Brahms in späten Jahren zu vier genialen Kompositionen inspiriert, nämlich dem Trio für Klarinette, Cello und Klavier op. 114, dem Quintett für Klarinette und Streicher op. 115, und den beiden Sonaten für Klarinette und Klavier op. 120.
Brahms' Klarinettensonaten in f-moll und Es-Dur entstanden im Sommer 1894 im oberösterreichischen Kurort Bad Ischl, der damaligen Sommerresidenz der österreichisch-ungarischen Monarchie. Die beiden Sonaten op. 120 bringen die Klarinette wundervoll zur Geltung und verflechten ihre Stimme ideal mit jener des Klaviers. Solche Vollkommenheit kann kein Zufall sein. Brahms hatte sich zuvor von Mühlfeld das gesamte Klarinettenrepertoire vorspielen lassen und ihn mit Fragen über die technischen und klanglichen Eigenschaften des Instrument bestürmt. Als Ergebnis entstanden zwei Werke, die zwar an den Solisten höchste Ansprüche stellen, deren Virtuosität jedoch gleichsam abgesetzt, abgeschminkt und fast ganz nach innen gekehrt ist. Nichts Äusserliches, nichts Selbstgefälliges, nichts Unnötiges stört das vollkommene Gefüge dieser späten Kammermusikstücke von typisch brahmsschem Schriftzug.
Die vier Sätze der ersten Sonate sind in traditioneller Folge aneinandergereiht. Die zweite dagegen besteht aus nur drei Sätzen mit einem abschliessenden Andante con moto, wo Brahms seiner Vorliebe für die Variationstechnik freien Lauf lässt.
Am 10. November spielen die beiden Freunde Mühlfeld und Brahms in Frankfurt die Sonaten samt dem Trio op. 114 der geliebten Freundin Clara Schumann vor, die hell begeistert ist. Die ersten öffentlichen Aufführungen finden am 8. und 11. Januar 1895 in Wien statt.

CD-Rezensionen

My benchmark for the Brahms sonatas has been the Divine Art recording by Colin Bradbury and Bernhard Roberts. Theirs is an essentially scaled back performance, ignoring any hint of romantic accretion, and turning in shapely, flowing performances that strike me as being about as good as one could hope for. But then this disc dropped in my lap. Not long ago I reviewed a Mozart concerto recording by Mr R<148>thlisberger, and called it as good a recording as has ever been set down of that seminal work. Lightning seems to have stricken twice, and once again I must hail one of his performances as ranking at or on the top of list, and upsetting the Bradbury recording. This young man (mid-thirties) of the Lucerne Symphony is clearly one to watch, and the thought of what is to come down the road is tantalizing indeed. The approach is not all that different from the Bradbury—a sort of shorn romanticism, neither adding or subtracting from the pages of the score—yet there is an emotional clarity, a feeling of such stringent passion that is being kept in check only by the confines of the players good taste. But passion contained is always passion that is seething, and the sense of an emotional outburst of colossal magnitude fills the performance with an overwhelming presence, even when the expected eruption doesn't occur. That is the beauty of these performances, that a tension between what is expected and what actually occurs is supported all through the work. When the big moments do come, the pent up fervor is completely in control, yet cathartic in a way that is missing in other recordings that go full blown romantic from the start, lacking any sense of ebb and flow, and failing to achieve the calculated release moments that Brahms is always so successful at writing. The subtle dynamic shadings of this duo are a marvel to hear. Some of the movements are so delicate as to make you think you were listening to Ravel, and the interplay between clarinet and piano so intertwined and revealing as if each instrument was just a facet of the other, with a single guiding hand at the helm. Just listen to the opening of the E-flat sonata—though you have heard it a thousand times, the crystalline clarity of the parts and matching interpretative style has rarely been bettered. A bonus is the sonata by Gustav Jenner (1865-1920). Little is heard of this, the sole student of Brahms, yet the master had faith in his student, and listening to this work proves him right. Jenner started life with a tragedy when his father committed suicide after being accused of enjoying sexual liaisons with some of his female students. Brahms looked after the young man, and eventually he made quite a successful career for himself, no mean composer. Jenner is profoundly neglected today, and this is a shame, for if his other works are even close to the quality of this sonata, there are treasures aplenty to be heard. The Brahms influence is there of course, but what do we care when such craftsmanship and skill are demonstrated in a work large in scope and concept (the sonata is longer than either of Brahms)? This is wonderful music; dare I say not so far in quality from that of his teacher? Yes, I do say as much, and the proof is in the hearing for anyone intelligent enough to purchase this disc. Pianist Philip Smith must also be given large kudos for his work here. He is a player who knows how to make Brahms and Jenner sound, executing the huge Brahmsian span of the keyboard with power and thrilling sound, yet also keeping Brahms's murky lower chordal writing perfectly balanced and uncluttered. This is a masterful Brahms player, and I hope to hear some of the solo music by him one day. The sound is fabulous on this disc, capturing the extremes of both ends of the spectrum without distortion or clangor, and there is just the right amount of bloom around the performers. Sensational! RITTER
aus: American Record Guide, Dezember 2003

 

Wie Mozart wurde auch Brahms von einem Klarinettisten angeregt, Richard Mühlfeld in Meiningen, dessen „weichen Klang“ er sehr schätzte. Ausnehmend weich, gepaart mit Lockerheit, ist auch der Vortrag des Luzerner Klarinettisten Bernhard Röthlisberger und seines Duo-Partners Philip Smith, die Nüancierung vor Virtuosität setzen.
aus: Neue Luzerner Zeitung "Apero", 10. April 2003

 

Der Solothurner Klarinettist und der englische Pianist attackieren präzis und intelligent und bringen auch die lyrischen Passagen schön zum Blühen.
aus: Musik & Theater, 20. Mai 2002

 

Röthlisberger und sein Klavierpartner Philip Smith entwickeln die Werke mit grosser Stilsicherheit und gleichsam nach innen gekehrter Virtuosität. Die dramatischeren Passagen entwickeln sich ganz natürlich aus den vom Klarinettisten mit samtweichem Timbre und berückendem Piano gespielten ruhigen Abschnitten.
aus: Fono Forum, Mai 2002

 

 

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